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WIE WIR MALEN

Die Entstehung der "Luftfarben"

Als Rosalie knapp über ein Jahr alt war, zog das große Thema „Corona“ in das Weltgeschehen ein. Nicht nur gesellschaftlich wurde einiges aufgewirbelt, auch bei uns persönlich ging es turbulent zu, eine Zeit von Scheitern, Suche und Neuausrichtung begann und führte uns nach einem Abstecher nach Schleswig-Holstein zurück in meine Heimat – die Prignitz.

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Noch vor ihrem zweiten Geburtstag bekam Rosalie ein kleines Set Fingerfarben geschenkt – bestehend aus den Farben Rot, Gelb, Grün, Blau. Um die Farben auszuprobieren, empfand ich normales Zeichenpapier als wenig geeignet, glücklicherweise fand sich noch eine angefangene Rolle qualitativ hochwertiger Vliestapete. So nahm eine außergewöhnliche Kombination ihren Anfang. Zuerst startete Rosalie ganz ungerichtet mit ersten Farbversuchen, schnell stellte ich fest, dass die Größe der Tapetenstücke und unser Beisammensitzen am Küchentisch eine wunderbare Möglichkeit zum gemeinsamen Malen boten. Rosalie war schnell Feuer und Flamme für diese neuen bunten Farben und das gemeinsame „Hobby“ mit Mama, und so malten wir, wann immer uns Lust und Laune dazu überkamen, zusammen ein Stück Vliestapete an. Nach kurzer Zeit entwickelten sich kleine feste Rituale, die Rosalie durchführt: angefangen bei ihrem Künstlerpullover und der kleinen Künstlerschürze über das Abdecken des Arbeitsplatzes bis hin zum gemeinsamen Reinigen der Pinsel und Farbtöpfe.

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Zu Beginn wird aus jedem Farbtopf ein großzügiger Klecks Farbe auf den dazugehörigen Deckel getropft. Rosalie sitzt meist an einer Seite des Tisches, ich an der anderen ihr gegenüber. Dann malt jeder intuitiv, was ihm Freude macht, bzw. wählt die Farbe aus, die ihn gerade am meisten anspricht. Rosalies Lieblingsfarbe ist seit jeher Grün, natürlich benutzt sie auch alle anderen Farben, probiert das Mischen und das Vermengen mit Wasser aus. Anfangs malte sie bevorzugt mit den Fingern bzw. Händen, seit einer ganzen Weile bevorzugt sie nun schon die verschiedensten Pinsel. Gerne wechseln wir zwischendurch unsere Plätze oder drehen das Tapetenstück während des Bemalens mehrfach hin und her. Die vier Fingerfarbtöpfe bringen in ihrer Mischung unzählige leuchtende Farbnuancen hervor und so ist zum Abschluss eines Werkes meistens alles farbenfroh bunt – mein Kind, Tisch und Stühle und natürlich auch unser Bild.

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Mittlerweile ist so bereits eine ganze Sammlung leuchtender Malereien entstanden, die meist recht deutlich erkennen lassen, welchen Teil des Bildes das Kind und welchen die Mama bemalt hat, die aber trotz oder genau wegen dieses Kontrastes eine besondere Harmonie ausstrahlen. Den Abschluss eines jeden Werkes übernehme ich während des Aufräumens meist allein, indem ich alle bis dahin von mir und Rosalie separat bemalten Teile mit den noch nicht verbrauchten Farben zu einem großen Ganzen verbinde. Oft gelingt es uns so, ein Bild in einem Arbeitsgang zum Abschluss zu bringen, nur selten bleiben Bilder unvollendet und werden dann zu einem späteren Zeitpunkt weitergemalt.

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Uns beiden bereitet das Malen große Freude und Abwechslung von den alltäglichen Herausforderungen, wir verschwinden für eine Weile in eine ganz andere Welt und tanken auf. In jedem Bild findet sich meist eine ganze Erlebniswelt wieder; es spiegeln sich aktuelle Themen aus dem gesamtgesellschaftlichen wie auch unserem persönlichen Leben, Entwicklungsschritte, die wir gerade durchlaufen, sowie spirituelle Erkenntnisse und Weisheiten. Jedes mit Rosalie zusammen gestaltete Bild enthält auch eine neue persönliche Inspiration oder eine kleine „Lehre“ für mich.


Von Kindern kann man eben vieles (wieder oder neu) lernen.

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